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In Onkel Philipps Spielzeugwerkstatt wird gebrauchtes Spielzeug repariert, verkauft und verliehen. Recycling-Überzeugung, Bastelleidenschaft und eigener Spieltrieb – all das spielt bei Inhaber Philipp Schünemann eine Rolle. Sieht kinderleicht aus, macht aber Arbeit. Da würden der Cowboy-Sheriff Woody und seine Spielzeug-Truppe aus „Toy Story“ jubeln, wenn sie von Onkel Philipp wüssten. Keiner von ihnen müsste jemals wieder Angst haben, irgendwann nicht mehr angesagt zu sein und aus Versehen in einer Müllverbrennungsanlage vernichtet zu werden. Onkel Philipp würde das nämlich niemals zulassen, denn er ist der Retter des Spielzeugs. „Bitte nichts wegwerfen!“, lautet seine Devise.
Onkel Philipp, betreibt Onkel Philipps Spielzeugwerkstatt im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Dort nimmt er jedes Spielzeug an, das nicht mehr gebraucht wird und weggeworfen werden soll. Auch kaputte Sachen sind erwünscht. Dafür hat er sogar ein besonders großes Herz. Ist einem der Weg in seinen Laden zu weit, holt er die Spielwaren sogar persönlich ab, repariert, verkauft und verleiht er sie. Unverkäufliches landet in einem Korb mit dem Hinweis „Zum Mitnehmen“.
„Vorsicht, der Laden lebt!“, warnt eine Schiefertafel vor dem Eingang. Drinnen dreht sich ein Modell der ersten Flugmaschine des Typs „Demoiselle“ unter einer funkelnden Discokugel, eine altertümliche Spieluhr dudelt eine Melodie dazu, während zwei fünfjährige Jungen kleine Elektroautos testen. Ernie, Bert und Co. lümmeln auf einem schweinchenrosa Sofa herum. „Alle mit“, kreischt die zweijährige Greta vergnügt und sammelt die gesamte Sesamstraßen-Sippschaft ein.
Überall im Geschäft – auf dem Boden, auf Regalbrettern, an Wänden und der Decke – stapeln sich Körbe mit Plüschtieren, Laufräder, Bagger, Autos, Holzspielzeug, Baby- und Barbiepuppen, Hand- und Fingerpuppen, Playmobil- und Lego-Sets, Aufziehroboter und Unzähliges mehr. Nur Gameboys, Playstations, Tamagotchis und Computerspiele sucht man hier vergebens, außer sie sind zum Lernen gemacht. Ein paar nagelneue Dinge gibt es auch: etwa Baby-Beißringe oder Steckpyramiden. „Das Beste, was man bei uns machen kann, ist nichts zu suchen, sondern sich von den Dingen finden zu lassen“, sagt Hans Heckel, der mit seiner Kollegin Tuppi Schleife zu den Mitarbeitern gehört.
„Wir fordern die Kinder auf, zu Hause mal richtig auszuramschen und dann mit ihren Eltern hierher zu kommen“, so Philipp. Für die mitgebrachten Sachen gibt es Gutscheine, für die man sich im Laden neues Spielzeug aussuchen kann. Lieber tauschen statt horten und weghauen: „Bei uns zu Hause wurde nie irgendetwas weggeworfen“, erzählt der 45-jährige, der in der Nähe von Goslar aufwuchs. Heute sei das in den meisten Familien anders. Zu viel Spielzeug werde gekauft und zu viel verschrottet. „Ich will ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft setzen“, bekräftigt er.
Als Kind spielte Philipp am liebsten mit Matchbox-Autos und entwickelte sich zum Technik-Freak. Er studierte Anfang der 1990er-Jahre Umwelt- und Verfahrenstechnik, arbeitete danach bei einem Recycling-Unternehmen. Eines Tages schraubte er an einem Elektroauto mit zusätzlich montiertem Verbrennungsmotor herum und hatte viel Spaß daran. Er beschloss, mit dem Fummeln, Reparieren und Basteln nie wieder aufzuhören: „Ab sofort soll das mein Beruf sein.“
Im März 1997 machte Philipp seinen Spielzeugladen in der Choriner Straße auf und ist zu einer Institution geworden, die in vielen Reiseführern empfohlen wird. Loa aus Island kommt seit zwölf Jahren hierher. „Ich sammle Cartoon-figuren aus Plastik wie etwa Asterix und Obelix“, sagt sie. „Das hier ist ein Paradies für mich.“
„Manche Eltern kommen mit ihrem Nachwuchs, um teure Lego-Bausätze zu kaufen, andere können sich nur Staunen und Träumen leisten“, seufzt Hans. Der sechsjährige Nero hat das erste Schuljahr geschafft und darf sich heute ein Geschenk aussuchen. Er entscheidet sich für ein futuristisch aussehendes Gefährt. Manche Kinder aus dem Kiez kommen fast jeden Tag hierher. Ein ferngesteuerter „Quadrikopter“ hat es Béla, Jakob und Joram, alle drei elf Jahre alt, besonders angetan. Philipp lässt ihn steigen. „Wow, der kann ja in der Luft stehen!“, ruft Béla begeistert. Wie groß das „teuerste Ding“ im Laden sei, wollen die Jungen nun wissen. Philipp zeigt ihnen ein etwa zwei Meter langes Flugzeug, das über dem Tresen schwebt, mit dem Sandmann im Cockpit: 17 PS, Kostenpunkt: 3.000 Euro. Ob er denn wenigstens damit fliegen könne, fragt Jakob. „Nein, das wiegt 20 Kilo,“ sagt Philipp „und trägt mich nicht.“
Onkel Philipp kann offensichtlich sehr gut mit Kindern; er selbst ist zweifacher Vater. Sein einjähriger Sohn liegt in einer Nische im hinteren Teil des Ladens, davor ein Schild: „Ich bin Jurij und halte hier Mittagsschlaf.“ Gleich daneben befindet sich die Werkstatt-Ecke. Aus einer Kiste mit der Aufschrift „Organspender“ quellen nackte Puppen. Andere Kisten sind vollgestopft mit Stoffresten, Füllmaterial und Eisenbahnteilen. Puppen sind oft am aufwändigsten zu reparieren. Um sie kümmert sich Philipps Frau Elena. „Da ist eine Puppe oft nur zehn Euro wert“, berichtet er, „und die Leute sind bereit, das Zehnfache für die Reparatur auszugeben, weil sie die Lieblingspuppe ist.“
Zu Philips Leidenschaften zählt auch altes DDR-Spielzeug. Es lagert hinter einem Schiebetürchen, das zum Keller führt und wie ein Grabstein gestaltet ist: „RIP Spielzeug der DDR 1945-1989“ ist darauf zu lesen. Die darunter liegende „Gruft“ ist heute ein kleines Museum. Ein nostalgisches Spielzimmer mit rund 5.000 Spielsachen – darunter Puppen, Puppenstuben und -wagen, ein Kaufladen der Eiernudeln und Scheuermittel, ein zitronengelber Teddybär und die „drei DDR-Superstars“: Sandmann, Schnatterinchen und Pittiplatsch. Die meisten Spielsachen haben gut sichtbare Gebrauchsspuren und bringen große und kleine Besucher ins Schwärmen. „Ich kann hier gar nicht genug kriegen“, sagt die 36-jährige Maja, aus Cottbus. Fasziniert schaut sie zu, wie sich per Knopfdruck ein Puppenhaus im Kreis dreht und eine Seilbahn in Bewegung setzt.
Hans und Philipp hantieren unterdessen auf der Straße mit einem pink-gelben Segelflugzeug aus Styropor – ihr derzeitiges Lieblingsspielzeug. „Wow, guck mal, wie der gelandet ist!“, ruft Philipp Hans zu. Der antwortet: „Wenn du einen richtigen Wind hast, bleibst du im Loop!“ Zwei Männer, versunken im Spiel – fühlt sich nicht nach Arbeit an. An manchen Tagen ist das anders. Dann geben sich schon mal um die 200 Besucher die Klinke in die Hand. Da muss man auf Trab sein, Beratung, Verkauf, Annahme und Reparatur tapfer balancieren. Kein Problem für Philipp. Seine Lieblingsfigur aus „Toy Story“ ist schließlich Captain Buzz Lightyear. Der ist ein Space Ranger und würde für die Rettung der Galaxie „bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter“ gehen.
Text: Carmen Gräf 02.10.2014
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